Die Herausforderungen der Corona-Pandemie zwingen uns alle, unter großem Druck wichtige Entscheidungen zu treffen. Basis für diese Entscheidungen ist das noch sehr lückenhafte und gleichzeitig rasant wachsende Wissen über COVID-19. Doch wie kann man in dieser wahren Flut von Informationen den Überblick behalten? Wo können Medizin und Politik, aber auch Bürgerinnen und Bürger sich ein Bild vom aktuellen Stand der wissenschaftlichen Evidenz machen, um darauf ihre Entscheidungen zu basieren? Hier setzt das von der Bundesregierung über das Netzwerk Universitätsmedizin geförderte Projekt CEOsys an; ein Zusammenschluss von 20 deutschen Universitätskliniken und weiteren außeruniversitären Partnerorganisationen. Das COVID-19-Evidenz-Ökosystem sammelt die Ergebnisse aus wissenschaftlichen Studien zu den dringendsten Fragen zu Prävention, Behandlung und Folgen von COVID-19, bewertet sie und fasst sie zusammen. Gleichzeitig werden aus dieser Evidenz konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet, auf die sich Medizin, Politik und Bevölkerung stützen können.
CEOsys wird „lebende“ Evidenzsynthesen liefern, die stetig unter Einbeziehung neuer Studienergebnisse aktuell gehalten werden. Daraus leiten sich Handlungsempfehlungen zu den wichtigsten Themen rund um die Behandlung und Prävention von COVID-19 und seinen negativen Folgen ab.
Diese Themen lassen sich in sechs Felder einteilen:
Dieses Themenfeld umfasst Studien zur virologischen, serologischen, radiologischen und klinisch-chemischen Diagnostik von Infektionen mit SARS-CoV-2 und die Evaluation ausgewählter Biomarker bzw. Prognosefaktoren für den Krankheitsverlauf. Die Ergebnisse sollen zu diagnostischen Pfaden und Handlungsleitlinien führen, die eine rationale, schnelle, zuverlässige und ressourcenschonende Diagnostik gewährleisten.
Ziel dieses Themenfelds ist es, das klinische Managements von COVID-19-Patientinnen und Patienten mithilfe lebender Evidenzsynthesen laufend zu verbessern. Dafür werden die verschiedenen Maßnahmen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Sicherheit evaluiert. Die Ergebnisse werden zu Behandlungsempfehlungen zusammengeführt und für die Umsetzung im Gesundheitssystem zur Verfügung gestellt. Die so erarbeiteten Vorgehensweisen und Managementstandards werden auch dazu beitragen, dass das Gesundheitswesen in künftigen Pandemien schneller, sicherer und effektiver handeln kann.
Ziel dieses Themenfeldes ist es, in einem Netzwerk von intensivmedizinischen und palliativmedizinischen Einrichtungen schnell und ressourcenschonend die in einer Pandemie relevanten Fragen zu priorisieren, die zugehörige Evidenz zu synthetisieren und über das Netzwerk die gefundenen Antworten in die klinischen Praxis zu transferieren.
In der Praxis haben sich viele Maßnahmen zur Kontrolle von SARS-CoV-2 bewährt, so z.B. persönliche Schutzausrüstung, Luftführung, antiseptische Maßnahmen oder die Organisation von Patientenströmen. Doch vieles davon ist neu und bislang nicht hinsichtlich der Wirksamkeit evaluiert. Auch in diesem Themenfeld sollen daher sämtliche Maßnahmen wissenschaftlich geprüft und die Ergebnisse in Handlungsleitlinien für Gesundheitseinrichtungen zusammengeführt werden.
Das Themenfeld „Prävention und Public Health“ umfasst Maßnahmen in allen gesellschaftlichen Bereichen, vom Arbeitsplatz über die Architektur bis hin zum Gesundheitssystem selbst. Hier werden wie in den anderen Themengebieten Maßnahmen anhand der verfügbaren Evidenz evaluiert, es geht in diesem Themenfeld aber auch darum, die Gesellschaft zu einzubeziehen und herauszufinden, welche Fragen am dringendsten beantwortet werden müssen.
Das Pandemiegeschehen führt in der Allgemeinbevölkerung und insbesondere auch beim Gesundheitspersonal zu erheblichem Stress und psychischen Belastungen, die eine unmittelbare Auswirkung auf das Verhalten der Menschen in der Pandemie haben können. Ziel des Themenfeldes “Psychische Gesundheit” ist die partizipative Priorisierung von Fragestellungen unter Einbeziehung von Betroffenen. Dabei geht es um Themen wie Stress, Resilienz und psychische Gesundheit und damit verbundene Maßnahmen. Unser Ziel ist es die Evidenz zu psychischen Belastungen sowie der Wirksamkeit gesundheitsfördernder Interventionen im Rahmen des COVID-19-Pandemiegeschehens schnell und ressourcenorientiert aufzuarbeiten und bereit zu stellen.
CEOsys wird in diesen Themenfeldern dazu beitragen, die wichtigsten Fragen von Medizin, Politik und Gesellschaft zu COVID-19 aktuell und auf höchsten wissenschaftlichem Niveau zu beantworten. Dort, wo es noch an vertrauenswürdiger Evidenz fehlt, werden wir diese Wissenslücken transparent benennen. So zeigen wir die Prioritäten für weitere klinische Forschung und Grundlagenforschung auf und liefern auch für Fragestellungen, die mit größeren Unsicherheiten behaftet sind, die bestmögliche Evidenz.
Die gewonnenen Erkenntnisse werden so aufbereitet und dargestellt, dass sie für die jeweilige Zielgruppe (z.B. Medizinerinnen, Pfleger, Entscheiderinnen oder Bürger) maximalem Nutzen haben.
Wir alle treffen Entscheidungen über unsere Gesundheit, viele davon sind momentan von der Pandemie beeinflusst. Damit die Gesellschaft als Ganzes von den wissenschaftlichen Erkenntnissen profitieren kann, stellen wir unsere Ergebnisse auf die jeweilige Zielgruppe angepasst dar:
Die Ergebnisse von international laufenden und abgeschlossenen Studien zu COVID-19 werden fortwährend systematisch erfasst und dann standardisiert verglichen und bewertet. Solche Zusammenstellungen von Studienergebnissen heißen Evidenzsynthesen. Werden diese regelmäßig basierend auf den Ergebnissen neuester Studien aktualisiert, spricht man von „lebenden“ Evidenzsynthesen. Zu den bekanntesten Formen solcher Evidenzsynthesen gehören systematische Übersichtsarbeiten wie die von Cochrane. CEOsys wird dagegen vor allem mit kürzeren, international standardisierten Formaten wie Evidenzprofilen oder Summary of Findings-Tabellen arbeiten.
CEOsys entwickelt neue Werkzeuge, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Der Aufbau eines solchen lebenden Evidenzökosystems ist aufwendig. Doch einmal auf den Weg gebracht wird es rasch aktuelle Antworten ermöglichen – auch auf Fragen, die sich bisher vielleicht noch gar nicht gestellt hatten. Zudem werden die mit CEOsys gemachten Erfahrungen helfen, in Zukunft schneller und effektiver auf vergleichbare Krisen zu reagieren.
Projektstart von CEOsys war im September 2020. In den ersten Monaten wurde die Infrastruktur für die Zusammenarbeit von 25 Partnern aufgebaut. Seit Februar 2021 werden laufend Ergebnisse veröffentlicht und Zusammenfassungen in unterschiedlichen Formaten veröffentlicht.
Alle Fragen die CEOsys aktuell bearbeitet, finden Sie bei den Themenfeldern.
Für das CEOsys Verbundprojekt haben sich folgende Universitäten und außeruniversitäre Partner zusammengeschlossen:
Universitäre Partner
Uniklinik RWTH Aachen | Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care |
Charité Universitätsmedizin Berlin | Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie |
Charité Universitätsmedizin Berlin | Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin |
Charité Universitätsmedizin Berlin | BIH QUEST Center – Berliner Institut für Gesundheitsforschung – Charité und Max-Delbrück-Centrum |
Universitätsklinikum Bonn | Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit |
TU Dortmund | Institut für Journalistik |
Universitätsklinikum Düsseldorf | Institut für Allgemeinmedizin (Cochrane Metabolic and Endocrine Disorders Group) |
Universitätsklinikum Frankfurt | Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene |
Universitätsklinikum Freiburg | Institut für Evidenz in der Medizin (IfeM) |
Universitätsklinikum Freiburg | Institut für Medizinische Biometrie und Statistik (IMBI) |
Universitätsklinikum Freiburg | Institut für Allgemeinmedizin |
Universitätsklinikum Freiburg | Institut für Infektionsprävention & Krankenhaushygiene |
Universitätsklinikum Freiburg | Abteilung Infektiologie |
Universitätsklinikum Freiburg | Institut für Virologie |
Universitätsmedizin Göttingen | Klinik für Anästhesiologie |
Universitätsmedizin Greifswald | Institut für Hygiene und Umweltmedizin |
Universitätsklinikum Halle | Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft |
Universitätsklinikum Jena | Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin |
Uniklinikum Köln | Klinik I für Innere Medizin, Evidence-based Internal Medicine (Cochrane Cancer) |
Uniklinikum Leipzig | Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie |
Universitätsklinikum S-H, Lübeck | Klinik für Infektiologie und Mikrobiologie |
Universitätsmedizin Mainz | Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie |
Universitätsklinikum Münster | Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie |
München LMU Klinikum | Institut für medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie (IBE) |
München TUM | Abteilung für Nephologie – Nierenheilkunde |
München TUM | TUM Medical Education Center |
Universitätsklinikum Ulm | Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin |
Würzburg | Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie |
Außeruniversitäre Partner
Berlin | Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. |
London, Oxford | Cochrane, Central Executive Team |
Paris | Cochrane France |
Freiburg | Cochrane Deutschland (Kopperationspartner) |